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Kundenrezensionen zum Buch Die Grenze


Gutes aktuelles Buch

Der sich immer stärker durchsetzender Globalisierungsprozess ist für die weltweite Vernetzung von Nationalstaaten in allen Bereichen (z. B. Politik, Wirtschaft, Kommunikation und Kultur) verantwortlich. Die Globalisierung wurde vor allem durch die Fortschritte in den Kommunikations- und Transporttechniken angetrieben und fördert zugleich die Berührungspunkte zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen. Auf den kulturellen Sektor bezogen kommt es noch stärker als in den bisherigen Epochen der Geschichte zu zunehmenden wechselseitigen Verflechtungen und Beeinflussungen.
Marianne Gronemeyer, Professorin für Erziehungs- und Sozialwissenschaften, beschäftigt sich in diesem Buch mit kulturellem Impetus mit Grenzen. Was sind Grenzen, was bedeuten sie für die Menschen, warum entstehen sie und wer macht oder zieht Grenzen? Welche Grenzen sind sinnvoll, welche nicht?
An den Grenzen zeigt sich ein „Paradox der Moderne: „Grenze ist ein Schlüsselbegriff der Gegenwart, von existentiellem Ernst und nichtssagend zugleich. (…) An den Grenzen scheiden sich die Geister. Die einen beklagen ihren Fall als unwiderruflichen Verlust, als ein kulturelles Artensterben, als Übergang in ein weltweites Einerlei; die anderen propagieren Barrierefreiheit in jeder Hinsicht als zukunftsweisend.“ (S. 9, S. 11)
Die Autorin stützt sich bei ihren Überlegungen auf die Werke des Philosophen und Theologe Ivan Illich In seinem Werk „Selbstbegrenzung – Tools for Conviviality“ prägte er den Begriff Konvivialität (Conviviality), wobei es ihm um einen lebensgerechten Einsatz des technischen Fortschritts ging. Für verschiedene philosophisch-politische Richtungen war Illichs Denken prägend, unter anderem Strömungen der Wachstumskritik.
Im weiteren Verlauf des Buchs wird aus verschiedenen Blickwinkeln der Frage nach Sinn und Bedeutung von Grenzen. Im ersten Kapitel geht es um das Verhältnis von Drinnen und Draußen. Dann wird das Verschwinden von Grenzen und dessen Folgen bewertet. Danach geht es um Wachstumskritik, die Grenzen des Wachstums und Selbstgenügsamkeit. Danach wird die Bedeutung von Grenzwerten für unser Leben diskutiert. Danach geht es um das Gute, das Bessere und die Gier. Anschließend steht das Verhältnis „Wir und die Anderen“. Das Buch beschließt den persönlichen Bereich, die Grenze zwischen Ich und Du.

Das Buch trifft genau den Nerv der Zeit: Die „freie“ Welt des Westens überbietet sich augenblicklich in der Errichtung von Grenzen zwischen Menschen und schottet sich von der Armut des Südens, die sich zum Teil mit ihrem Imperialismus in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht selbst verursachen. Die USA, ausgestattet mit dem Symbol der Freiheitsstatue, unter dem rassistischen und sexistischen Kapitalisten Trump will ihre Grenze zu Mexiko mit einer Mauer verschärfen. Europa schottet sich von Geflüchteten mit der „Festung Europa“ ab. Flüchtlingsabwehr wird durch die Verstärkung von Frontex perfektioniert, Grenzen werden schärfer kontrolliert. Die BRD, die den Fall der Mauer 1989 feierte, errichtet neue Mauern um sich. Das „Andere“, „Fremde“ wird in der Semantik der Gefahr dargestellt, Wohlstandchauvinismus ist en vogue.
Das Buch bringt neue interessante Sichtweisen, die mit dem Dualismus „Wir und die anderen“ in der aktuellen Politik mit Geflüchteten verbunden werden kann.
geschrieben von: Michael am 28-09-2018